Matthias Meier, 33-jährig, Bachelor der Fachhochschule St.Gallen und Master of Business Administration der Central Queensland University in Australien ist seit rund fünf Jahren in der Unternehmungsentwicklung der Insurance Brokers AG in Zürich tätig. Das ist in der Schweiz eine der führenden Beratungsfirmen für das Risiko-, Vorsorge- und Versicherungsmanagement von Unternehmen. Matthias Meier erläutert im Gespräch mit den winVS-E-News, welche Schlüsselrolle die informationstechnologische Infrastruktur im Versicherungsbrokergeschäft hat – und wie gross der Widerstand gegen die rasche Umsetzung des standardisierten elektronischen Datenaustauschs in der Branche immer noch ist. Lesen Sie seine Antworten auf zehn Fragen.
Matthias Meier, was macht die Funk Insurance Brokers AG?
Matthias Meier: Die Funk Insurance Brokers AG ist in der Schweiz mit 80 Mitarbeitenden an den Standorten Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich einer der führenden Versicherungsbroker für nationale und internationale Unternehmen. Diese werden im Risikomanagement, Vorsorgemanagement und Versicherungsmanagement umfassend und aus einer Hand beraten. Die Funk Insurance Brokers AG ist die Schweizer Organisation der 1879 gegründeten Funk Gruppe, Hamburg. Das in der fünften Generation geführte Familienunternehmen ist der grösste eigenständige Risikoberater und Versicherungsbroker im deutschsprachigen Raum. Mit dem eigenen internationalen Netzwerk "The Funk Alliance" ist Funk weltweit präsent und bietet den Unternehmen globale Lösungen an.
Welche Unternehmen sprechen Sie in der Schweiz besonders an?
Matthias Meier: Wir sind stark vertreten bei Unternehmen der verarbeitenden Industrie, Bahnen, Wohn- und Pflegeheimen, Gemeinden sowie Dienstleistungsunternehmen aller Art. Dank des Wissenstransfers innerhalb der gesamten Funk Gruppe sind wir daran, in weiteren Wirtschaftszweigen vertieft Fuss zu fassen.
Welches sind derzeit die grössten Herausforderungen im Schweizer Versicherungsbrokermarkt?
Matthias Meier: Der Schweizer Versicherungsbrokermarkt ist von einem intensiven Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet, in welchem der Preis für die Brokerdienstleistungen die wichtigste Grösse ist. Während die Einnahmen durch den harten Preiskampf unter Druck sind, steigen gleichzeitig die Ausgaben aufgrund der steigenden Risikokomplexität und der steigenden Leistungsansprüche der Kunden. Der damit einhergehenden sinkenden Kundenrentabilität und dem Margendruck begegnen wir insbesondere mittels wirksamerer Prozesse. Dabei spielt die Informationstechnologie (IT) eine entscheidende Rolle.
Was sind in diesem Umfeld Ihre Stärken und was können Sie den Kunden Besonderes bieten?
Matthias Meier: Statt sie zu verwalten, betreuen wir unsere Kunden aktiv mit Begeisterung, Kompetenz und Nähe. Dabei begleiten wir sie im Rahmen unserer Risikomanagementdienstleistungen auch bei Problemstellungen über das Versicherungswesen hinaus. Das erlaubt uns, die Kundenbedürfnisse gesamtheitlich zu verstehen und zielgerichtet zu befriedigen.
Welche Rolle spielt die informationstechnologische (IT) Infrastruktur?
Matthias Meier: Eine gut funktionierende, verlässliche und sichere IT-Infrastruktur ist existenziell und spielt eine grosse Rolle in der täglichen Dienstleistungserbringung für die Kunden. Die Mitarbeitenden erwarten eine hohe Verfügbarkeit und einfache Werkzeuge, um ihre Kunden optimal, ortsunabhängig und schnell zu betreuen. Auf der anderen Seite erwarten die Kunden Flexibilität und praktikable Lösungen im Bereich der elektronischen Kommunikation und im digitalen Datenaustausch. Insbesondere die Datensicherheit ist wichtig und bedarf laufender Investitionen in die Hardware und die Software sowie in die Schulung der Mitarbeitenden. Ein umfassendes Monitoring bringt zusätzlich den Nutzen, proaktiv Probleme oder potenzielle Bedrohungslagen im Internet festzustellen und frühzeitig Massnahmen zu ergreifen.
Welche Versicherungsbroker-Softwarelösung nutzen Sie?
Matthias Meier: Seit Herbst 2014 haben wir «winVS next» im Einsatz. Die Gründe für diesen Entscheid waren einerseits der Einsatz eines etablierten Customer-Relationship-Managements(CRM) für die konsequente Ausrichtung auf die Kunden sowie die systematische Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse. Zudem fehlten uns die Ressourcen, um Standardfunktionalitäten für das Brokergeschäft neu zu spezifizieren. Andererseits konzentrierten wir uns auf den Einsatz einer Standardsoftware vor allem im Hinblick auf die Risikominimierung der Wartbarkeit, der Abbildung von Dienstleistungsprozessen sowie der Anbindung an andere Systeme. Die Datenmigration aus der alten «winVS office»-Version hat dank intensiver Vorbereitung sehr gut funktioniert: Alle Daten und Dokumente standen nach der Migration auf «winVS next» zur Verfügung. Die komplett neue Benutzeroberfläche und die Vielzahl neuer Funktionalitäten beanspruchten eine gewisse Angewöhnungszeit. Die zahlreichen Möglichkeiten, Daten zu bearbeiten, zu exportieren oder sichtbar zu machen, verhalfen jedoch zur raschen Akzeptanz. Besonders hervorzuheben sind die Echtzeitdarstellungen von Kundeninformationen, die Individualisierbarkeit von Kundenansichten, die Abbildung von Dienstleistungsprozessen, die detaillierten Auswertungsmöglichkeiten und die nahtlose Integration von Microsoft Outlook. Wir können uns derzeit keine andere Branchensoftware vorstellen.
Wie beeinflusst die fortschreitende Digitalisierung das Versicherungsbrokergeschäft?
Matthias Meier: Im Kleinkundengeschäft drängen laufend neue Onlinebroker wie Knip oder FinanceFox auf den Markt, die das klassische Brokergeschäft rein digital abwickeln wollen. Dies kann für kleinere Unternehmen mit digitalaffinen Entscheidungsträgern und dem Bedürfnis nach einem einfachen Versicherungsschutz interessant sein. Diese Entwicklung ist gut und belebt die Versicherungsbranche im digitalen Bereich. Dass individuelle und komplexe Versicherungslösungen sowie internationale Versicherungsdeckungen mit hohem Koordinationsaufwand rein digital abgewickelt werden können, erwarten wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht. Hier ist die individuelle und persönliche Beratung und Begleitung nach wie vor unablässig.
Wie steht es mit dem standardisierten digitalen Datenaustausch zwischen Brokern und Versicherern?
Matthias Meier: Die «Interessengemeinschaft Business-to-Business IG B2B for Insurers + Brokers» strebt seit Jahren an, den elektronischen Datenaustausch zwischen Brokern und Versicherern zu standardisieren. Obwohl die technische Umsetzung bereits heute möglich ist, scheitert die rasche Umsetzung vermutlich an der Unwilligkeit oder am fehlenden Wettbewerbsdruck der Versicherer, sich im Plenum auf einen Standard zu einigen und die Digitalisierung im Datenaustausch ernsthaft voranzutreiben. Sollten die gesteckten Ziele der IG B2B in ferner Zukunft dennoch erreicht werden, wird sich dies enorm auf unser Geschäft auswirken. Aufwändige Verwaltungsarbeiten würden wegfallen und die Kundenbetreuung würde verstärkt ins Zentrum rücken. Als weiterer Punkt wird die richtige und umfassende Auswertung eigener und externer Kundeninformationen, die Business Intelligence, ein tragender Bestandteil sein. Nicht nur lässt sich das Kundenverhalten damit besser beurteilen, sondern es können auch neue Produkte abgeleitet oder die immer stärker geforderte Transparenz besser bewerkstelligt werden.
Was raten Sie andern Versicherungsbrokern hinsichtlich des Einsatzes der modernen Informationstechnologie?
Matthias Meier: Je nach Unternehmensgrösse und Ressourcenknappheit ist das IT-Outsourcing ein möglicher Schritt, um sich voll auf die Kernkompetenz des Versicherungsbrokers zu konzentrieren: die Kundenbetreuung. Auf jeden Fall braucht es klare Regeln und Weisungen im Umgang mit neuen Devices wie dem Smartphone oder dem Tablet und auch mit der restlichen IT-Infrastruktur. Nur so lassen sich der Datenmissbrauch oder Sicherheitslöcher soweit wie möglich vermeiden. Im Falle der Einführung einer neuen Versicherungsbroker-Software sollten die wichtigsten Dienstleistungsprozesse des Unternehmens skizziert und im System abgebildet werden.
Ihr abschliessender Ratschlag an unsere Leserinnen und Leser?
Matthias Meier: Alles braucht Zeit und Ressourcen. Deshalb gilt es, sich stets auf das Wesentliche zu konzentrieren. Kleine erfolgreich umgesetzte IT-Schritte führen meist zu mehr als grosse IT-Pläne, die dann allenfalls scheitern. Zumal jeder erfolgreich abgeschlossene IT-Schritt dazu ermutigt, einen weiteren Schritt in Angriff zu nehmen. Im Hinblick auf die Einführung einer neuen Versicherungsbroker-Software oder eines IT-Outsourcings müssen für die Planung genügend Zeitreserven eingebaut werden. Eine oder besser mehrere Personen müssen sich eingehend mit dem neuen System auseinandersetzen, damit im Supportfall rasch geholfen werden kann.